Laudatio

Intermezzo – so heißt nicht nur die Zeitung der Paul-Martini-Schule in Bonn, sondern die Schule selbst ist ein Intermezzo. Sie ist ein mit großer Achtsamkeit gestalteter Zwischenraum zwischen Krankheit und Gesundung, in dem Kinder und Jugendliche in schweren Lebenskrisen ermutigt werden, ihr eigenes Lernen als Kraftquelle zu nutzen.

Mehr als 700 Schülerinnen und Schüler leben Jahr für Jahr mehrere Monate außerhalb des Elternhauses in klinisch-therapeutischem Umfeld. Ihr Tag ist primär durch Therapie und wechselnde Tagesform geprägt, und die wenigen kostbaren Schulstunden erhalten ihren besonderen pädagogischen „Klang“ durch die große Expertise, Zugewandtheit und Organisationskraft der Lehrerinnen und Lehrer. Pädagogik bei Krankheit – das ist das Spezialgebiet dieser Schule, und fast alles, was dort mit großem Engagement entwickelt wurde, wäre auch in jeder anderen Schule ein wichtiges Element der Qualitätsentwicklung.

Jedes Kind, jeder Jugendliche ist ausdrücklich eingeladen zum Lernen. Über sorgfältig dosierte Anforderung lässt sich – für manche zum ersten Mal – Lernerfolg erfahren, über persönliche Zuwendung die Genesung stärken. Die Paul-Martini-Schule bietet ein kleines Stück Normalität in zerbrochenen Gewissheiten, und sie kann dies nur leisten durch ein Höchstmaß an Fachlichkeit, Organisiertheit und Vernetzung. Mit hoher Professionalität, emotionaler Wärme und vorbehaltloser Zuwendung lässt sich die eng begrenzte gemeinsame Zeit – kaum jemand ist länger als sechs Monate in der Klinik – so nutzen, dass trotz der Krankheitserfahrung die Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben und Lernen wächst. Hier wird tatsächlich für das Leben gelernt. Und gerade deshalb sagt man zum Abschied dann nicht „Auf Wiedersehen“, sondern „Lebewohl“.

Preisträgerfilm aus dem Jahr 2012